Die Ausgangssituation:
Ein Wassertropfen, der in ein mit Wasser gefülltes Becken fällt, wird zunächst auf die Wasseroberfläche einschlagen und in das Wasser des Beckens eintauchen um dann, durch die Oberflächenspannung verursacht, in einer Wassersäule wieder hochgeschleudert zu werden, wonach die Wassersäule wieder in sich zusammen fällt. Dieser Vorgang geschieht in Bruchteilen einer Sekunde.
Diesen Vorgang, der aufgrund seiner Schnelligkeit nur schwer mit dem dem bloßen Auge zu sehen ist, gilt es fotografisch zu erfassen.
Wer im Internet nach „Wassertropfenfotografie“ sucht, wird fündig und fantastische Aufnahmen sehen. Er/Sie wird aber auch feststellen, dass solche Aufnahmen mit einem hohen technischen Aufwand entstehen. Dieser Aufwand kostet Geld, welches nicht jeder zu zahlen bereit ist.
Geht das auch einfacher? – Die Antwort ist JA! – Im folgenden eine grobe Anleitung:
Das Wassertropfen Studio:
Bevor Sie Wassertropfen fotografieren können, bedarf es ein wenig Vorbereitung. Sie brauchen ein Wasserbecken. Dieses kann z.B. eine Salatschüssel, Puddingschale oder ähnliches sein. Also ein offenes Behältnis in das Sie Wasser mit wenigstens 5 cm Tiefe einfüllen können.
Beschaffen Sie sich einen mittelgrossen Trichter. Meistens haben Trichter einen kleinen, eventuell sogar mit Aufhängeloch versehenen Griff. Nehmen ein Stück Bindfaden oder Kordel und Knoten Sie diese am Griff fest. Verlegen Sie die Kordel in das Trichterinnere, so dass die sie innen durch den Trichterauslass führt und dort noch zwei bis vier Zentimeter herausschaut.
Diese Schnur sorgt dafür, dass später die Wassertropfen immer genau von derselben Position abfallen!
In Abhängigkeit der Gegebenheiten des Aufnahmeplatzes bei Ihnen zu Hause, ist nun ein wenig Ihre handwerkliche Kreativität gefordert. Bauen Sie sich ein Gestell aus Stöcken, Stangen, Leisten oder was auch immer unter Zuhilfenahme von Klebeband, Schraubzwingen, Kabelbindern usw., um den Trichter in ca. 50 cm über dem Becken anzubringen. Wichtig ist, dass Sie den Trichter nicht an Schnüren aufhängen! Er darf nicht schaukeln können!
Auch sollte der Trichter nicht genau gerade stehen, sondern um gefühlte 3° bis 5° schräg. So stellen Sie sicher, dass das Wasser auch wirklich über die Schnur im Trichter abläuft bzw. tropft.
Damit das Wasser, welches Sie zur Tropfenerzeugung in den Trichter gießen nicht einfach abläuft, sondern verlangsamt durchsickert, stopfen Sie den Trichter mit feuchten Papiertaschentüchern voll. Somit haben Sie quasi aus dem Trichter einen Wasserspeicher gemacht.
Beenden Sie den Grund-Aufbau Ihres „Wassertropfen Studios“ damit, dass Sie vorab eine Ladung Wasser durch den Trichter laufen lassen, damit alles feucht wird und sich setzt.
Machen Sie sich nun Gedanken über das Licht, Sie brauchen viel davon! – Strahler, Lampen Kerzen …? Ist Ihr Becken eine klare Glasschale können Sie die z.B. auf zwei kleine Balken oder Kötze stellen und eine LED-Werkstatt-Taschenlampe darunter schieben. So kommt Ihr Licht von unten durch das Wasser. Einen anderen Effekt erreichen Sie mit Teelichtern, die Sie um die Schale herum aufstellen. Letztlich sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt. Was was bewirkt, werden Sie schnell merken!
Hinsichtlich der Kamera sollte es schon eine Spiegelreflex oder vergleichbare spiegellose Kamera sein. Denkbar sind auch etwas bessere Kompaktkameras, welche sog. Kreativ-Modi besitzen wie Tv, Av oder manuelle Einstellung. Den Autofokus sollten Sie ausschalten und auf manuell stellen können. Je reaktionsschneller die Kamera ist, um so besser! – Gemeint ist damit die Zeit vom Drücken des Auslösers bis zur tatsächlichen Bildaufnahme. Kurze Verschlusszeiten bis zu 1/1500 sec oder schneller werden nötig sein. Hohe, einstellbare Lichtempfindlichkeiten von bis zu ISO 12400 oder mehr sind ebenfalls hilfreich. Letzteres hängt natürlich von der Lichtsituation ab, die Sie zu schaffen in der Lage sind.
Bei Kameras mit Wechselobjektiven empfiehlt sich der Einsatz von lichtstarken Makro-Objektiven im Tele-Bereich, die im Optimal-Fall mit einer großen Blende f/2.8 ausgestattet sind, wobei f/4 auch noch in Ordnung geht – ebenfalls abhängig von der Beleuchtung.
Zum Fotografieren gehen Sie wie folgt vor:
Bauen Sie die Kamera auf einem Stativ auf und nehmen das Becken ins Bild. Kippen Sie genug Wasser in den Trichter. Nachdem die Flüssigkeit durch das Papier gesickert ist, wird es zunächst ein wenig unruhig plätschern. das wird aber schnell ruhiger und es fallen zunächst in schneller Reihenfolge, dann langsamer werdend Tropfen. Nutzen Sie die schnell fallenden Tropfen um ggf. die Bildkomposition zu korrigieren und zum manuellen Fokussieren. – Hier liegt die Begründung für die Kordel am Trichter, die für immer den – mehr oder weniger – selben Aufschlagort der Tropfen sorgt!
Wenn Sie nun Bilder schießen wollen, kommen Sie an den Punkt, wo Sie selber als Fotograf die teure Auslöse-Sensorik der „Profi-Wassertropfen-Fotografie“ ersetzen müssen. Durch den Sucher brauchen Sie gar nicht zu schauen. Wenn Sie hier einen Tropfen und seine Säule sehen und dann auslösen, wird hiervon nichts mehr aufgenommen werden.
Beobachten Sie stattdessen z.B. das Ende der Kordel am Trichterauslass. Wenn sich hier ein Wassertropfen löst, drücken Sie den Auslöser. Schauen Sie sich das Ergebnis auf dem Monitor der Kamera an. Wenn das zu früh oder zu spät war, versuchen Sie es mit anderen Referenzhöhen.
Die Höhe von 50 cm zwischen Trichter und Becken soll Ihnen genug Zeit zum Auslösen verschaffen.
Das Ganze erfordert also wenig Übung, ist aber machbar. Letztlich müssen Sie sich Schritt für Schritt herantasten und aus den gemachten Bildern lernen und entsprechend die Einstellungen und Beleuchtung variieren. Seien Sie kreativ und experimentieren Sie.
Viel Spaß also beim Tüfteln. Dass es funktioniert zeigen die folgenden Aufnahmen, die gemäß dem zuvor Beschriebenen entstanden sind. Alle Aufnahmen wurden mit einer Canon EOS 7 D Mark II und einem 100 mm Makro-Objektiv f/2.8 gemacht.
Creative Dragon Works
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